Lernen in neuen Dimensionen

Mit Augmented Reality Software von Holo-Light und Microsofts AR-Brille HoloLens vereinfacht und verbessert die Care Chemical Academy des Chemiekonzerns BASF Schulungen in der Produktion. Das Fachmedium Sicherheitsbeauftragter hat die Fallstudie aufbereitet.

Wann lernen Menschen am besten? Wenn es ihnen Spaß macht. „Wir wollen Mitarbeiter für neue Technologien begeistern und sicherheitsrelevante Aspekte auf innovative Art vermitteln“, sagt Renate Esswein, Leiterin der Care Chemicals Academy von BASF. Zum Schutz der Umwelt muss jeder Mitarbeiter bei BASF in der Produktion jährlich Pflichtübungen zum Wasserhaushaltsgesetz absolvieren. Die konventionellen Schulungen am 360 Kilo schweren Übungsmodell waren dabei aufwendig zu organisieren. Und auch nur wenige der 30 bis 40 Teilnehmer pro Training hatten überhaupt die Gelegenheit, den Dichtungswechsel am Flansch selbst durchzuführen. 

Praktische Übungen in Augmented Reality

„Wer etwas gesagt oder gezeigt bekommt, glaubt oft, dass er es schon selbst beherrscht. In der Praxis gestaltet sich der Vorgang aber meist komplizierter“, gibt Esswein zu bedenken. Beim Selbstdurchführen hingegen ist der Lerntransfer viel größer und das Gelernte prägt sich besser ein. Im neuen Augmented-Reality-Lernszenario ließen sich nun Trainingsinhalte und Lernfreude spielerisch miteinander verbinden – mit einem entscheidenden Pluspunkt: Am virtuellen Rohrleitungsmodell muss sich jeder selbst versuchen und praktisch Hand anlegen. Jeder Teilnehmer kann Schritt für Schritt das neue Training absolvieren.

Die praktischen Übungen werden an einem realen Teilmodell durchgeführt, das durch die Augmented Reality Software AR 3S auf der Datenbrille HoloLens zum kompletten Rohrleitungssystem wird. Die Wahrnehmung wird so durch virtuelle Elemente erweitert. Neben der „AirTap“-Eingabegeste dienen drei einfache Sprachbefehle zur Steuerung des Programms: „Start“, „Yes“ und „Next“. Die AR Software führt dabei mit 3D-Animationen und Sprecheraudio durch das Training, sodass jeder Teilnehmer die Schulung in seinem eigenem Lerntempo durchführen kann.

Halb real, halb virtuell: Für praktische Übungen werden Teilmodelle durch virtuelle Elemente erweitert (Quelle BASF)

AR Training beugt Fehlern vor

„Die fachlichen Inhalte, der didaktische Aufbau und das Design des Trainings stammen von uns, die technische Umsetzung beziehen wir von extern“, erklärt Mai Linh Ong, Specialist Care Chemicals Academy, die das Storyboard für die Schulung entwickelt hat. Zusammen mit den Fachkollegen vom Service Center Entstörung und vielen Rücksprachen mit den Software-Entwicklern von Holo-Light sowie Anwendern wurde Schritt für Schritt festgelegt, was der Nutzer mittels Brille zu sehen und über die darin integrierten Lautsprecher zu hören bekommt. Dabei kam es immer wieder zu Ergänzungen oder Präzisierungen. „Das ist ein sich wiederholender, iterativer Prozess, um das Training agil weiterzuentwickeln“, unterstreicht Ong.

Im Augmented Reality Training werden jetzt auch die Konsequenzen nicht korrekten Handelns sichtbar: Zum Beispiel, was passiert, wenn trotz obligatorischer Prüfung noch ein Restprodukt im Leitungssystem vorhanden ist und nicht zunächst die Schraube an der körperabgewandten Seite geöffnet wird. Oder das Auslaufen des Produkts, wenn die Auffangwanne nicht richtig positioniert wird. „Diese Dinge sind virtuell darstellbar, ohne die Teilnehmer in tatsächliche Gefahr zu bringen“, betont Esswein den Vorteil. Im virtuellen Szenario versucht es der Teilnehmer einfach nochmal, bis der Vorgang sitzt. „Gamification“-Elemente erlauben dabei, die Trainingsinhalte spielerisch zu vermitteln. Die Schulung sei zwar nicht mit einem Spiel zu verwechseln, mache aber auch Spaß, meint Ong.

Schritt für Schritt werden die Teilnehmenden durch das AR Training geführt (Quelle BASF)

Neuer Trainingsstandard in der BASF 

„Das neue Training kommt sehr gut an“, erzählt Renate Esswein. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase kämen alle gut mit dem System zurecht. Viele seien zudem erstaunt, wie ausgereift die Technik bereits sei. Und selbst erfahrene Mitarbeiter erleben oftmals einen Aha-Effekt nach dem Motto: „Hey, das habe ich ja noch gar nicht gewusst!“. Da auch nicht alle Betriebe Dichtungswechsel praktizieren, sondern andere Übungen zum Wasserhaushaltsgesetz durchführen, wurde das Augmented-Reality-Programm um weitere Themen ergänzt: So gibt es inzwischen auch Trainingsmodule zum sicheren Öffnen und Schließen eines Siebkorbfilters, dem Ein- und Ausbau von Steckscheiben, sowie zum Ein- und Ausbau von Rohrleitungspassstücken.

Esswein und Ong gehen davon aus, dass Augmented-Reality-Szenarien in Zukunft eine immer größere Rolle im Unternehmensumfeld spielen werden. „Es war ein großer Vorteil, früh die neue Technologie zu testen. Das gibt uns die Zeit, uns ohne Druck mit den neuen Möglichkeiten auseinanderzusetzen“, sagt Ong. Jetzt sind die verschiedenen Schulungen zum Wasserhaushaltsgesetz im neuen Format mit der HoloLens offiziell als neuer Trainingsstandard in der BASF anerkannt. Was als Pilot im Unternehmensbereich Care Chemicals gestartet wurde, wird derzeit am gesamten Standort Ludwigshafen ausgerollt. Auch eine Ausweitung auf Standorte im Ausland ist denkbar. „Auf diese Weise können wir die Schulungsqualität sichern und weltweite Standards einführen,“, erklärt Mai Linh Ong abschließend.

Quellenangabe:

Dieser Artikel ist im Original von Petra Jauch zuerst erschienen auf Sifa-Sibe.de

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(Quelle BASF) 

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